„Es hat sich wieder mal gezeigt und zeigt sich noch immer, dass wir flexibel bleiben und immer wieder nach neuen Wegen suchen müssen.“
Wir haben mit Lena Blum, Geschäftsführerin der Freiwilligen-Agentur Bremen, über Herausforderungen, Maßnahmen und Lösungen in Zeiten der Corona-Pandemie gesprochen.
Was waren die größten Herausforderungen für Ihre Organisation durch die Corona-Krise?
Am 15. März wollten wir die Freiwilligenbörse Aktivoli im Rathaus mit 70 Austeller*innen und über 2000 Besucher*innen durchführen – das mussten wir dann fünf Tage vor der Veranstaltung absagen. Die Engagementberatung in der Stadtbibliothek und die Vermittlung zu anderen Träger*innen konnte nicht mehr stattfinden und auch unsere Paten‑, Lesehilfe- und Begegnungsprojekte standen wegen der Kontaktverbote vor großen Herausforderungen.
Wie sind Sie damit umgegangen? Welche konkreten Maßnahmen haben Sie ergriffen?
In den ersten Tagen des Shutdowns ging es erst einmal um den Schutz der Mitarbeiter*innen und Freiwilligen und um die Umstellung unserer internen Arbeitsweise. Hygienemaßnahmen mussten entwickelt und gemeinsame neue Wege gefunden werden, damit wir geschützt und trotzdem arbeitsfähig bleiben. Wir haben uns in zwei Teams eingeteilt, Vormittags- und Nachmittagschichten eingerichtet, Homeoffice eingeführt und gelernt, wie wir trotzdem über Videokonferenzen als Team in Kontakt bleiben können. Auch mit den Bremer Freiwilligenkoordinator*innen, unseren Freiwilligen und Förderern ist die Kommunikation nicht abgerissen.
Wir haben versucht, für alle Projekte und Vorhaben individuelle Lösungen zu finden: Manches wurde verschoben, manches abgesagt, manches in den digitalen Raum verlegt. Inzwischen gibt es auch hybride Umsetzungsformen, wie ein Fachtag, der sowohl digital als auch analog stattfindet.
Das alles ging parallel einher mit dem Aufbau einer Einkaufshilfsaktion für Risikogruppen und einem Aufruf zum Spenden von Masken, die wir dann an soziale Organisationen und Vereine in der Stadt verteilt haben.
Wie haben Sie das Engagement und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in dieser Zeit in Bremen erlebt?
Die Nachbarschaftshilfe ist sofort gestartet, ob über Handzettel in Vierteln oder über die sozialen Netzwerke, schnell hat sich Hilfe organisiert.
Auch wir haben frühzeitig, schon ab dem 18. März, zusammen mit der größten lokalen Zeitung Weser-Kurier Einkaufshilfen organisiert. Weser-Kurier-Mitarbeiter*innen wurden von uns an Menschen der sogenannten Risikogruppe vermittelt. Ohne den Weser-Kurier hätten wir wohl nicht so ohne weiteres die älteren Alleinlebenden erreicht und dadurch, dass die Mitarbeiter*innen bekannt waren, konnten wir ruhigen Gewissens an ältere Alleinstehende vermitteln – das war natürlich eine wunderbare Verbindung. Andere sind dem Vorbild des Weser-Kuriers gefolgt, der seine Mitarbeiter*innen für die Einkaufshilfen freigestellt hat. So haben beispielsweise mehrere Bremer Bürgerschaftsabgeordnete Einkaufshilfen übernommen. Außerdem haben kleinere Unternehmen und Einzelpersonen mitgemacht. Insgesamt konnten wir 135 Tandems vor allem mit älteren Menschen bilden. Da ging es schnell nicht nur um die praktischen Hilfen, sondern auch um Zuspruch, Gespräche und Wege aus der Einsamkeit. Aus manchen Tandems sind enge Bindungen entstanden.
Darüber hinaus landeten bei uns auch immer mehr Nachfragen nach Maskenbedarfen und ‑spenden. So haben wir viele genähte Community-Masken, aber auch eine Großspende eines Personaldienstleisters vermittelt. Insgesamt wurden 5.000 Masken an über 70 gemeinnützige Organisationen verteilt – innerhalb weniger Stunden war das Kontingent ausgeschöpft.
Welche Themen werden auch über die Krise hinaus relevant für Sie bleiben?
Die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und gleichzeitig die älteren Freiwilligen nicht zu verlieren, sondern auf diesem Weg mitzunehmen, bleibt eine große Aufgabe. Es hat sich wieder mal gezeigt und zeigt sich noch immer, dass wir flexibel bleiben und immer wieder nach neuen Wegen suchen müssen. Aufgabe und Chance zugleich!
Zudem hoffen wir, dass, obwohl einzelne Unternehmen durch unsichere Zeiten gehen, das Unternehmensengagement im gemeinnützigen Bereich nicht nachlässt. Denn das hat die Krise ja auch gezeigt: In schwierigen Zeiten muss man trotz physischen Abstands umso mehr zusammenhalten und sich solidarisch zeigen, um zu verhindern, dass die Spaltung der Gesellschaft weiter voranschreitet.
Zur Person
Lena Blum ist Geschäftsführerin der Freiwilligen-Agentur Bremen.